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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Allgemeines
G26CW Offline

NOHAB-Lehrling

Beiträge: 25

26.12.2012 22:16
EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

Liebe Nohab-Freunde,

nachdem mein Beitrag zur EMD G-16 vom 31.10.2012 ( EMD G-16 mit Schwerpunkt Europa ) auf Interesse gestoßen ist, gibt es heute eine Fortsetzung zur EMD
G-12.

Aufgrund des großen Umfanges der Thematik „US-Exportlokomotiven“ kann auch diese Lokomotive nur in groben Zügen beschrieben werden.
Sollte es die Zeit zulassen, wird der Beitrag hier und da mit neuen Scans ergänzt werden.
Die technischen Daten bzw. die Abmessungen der im Beitrag vorgestellten Lokomotiven entnehme man bitte den Scans der Prospektseiten.

Die G-12 fungierte gewissermaßen als Türöffner für EMD-Lokomotiven in Europa und darf somit als Vorfahre der legendären Nohabs gelten.
Zunächst ein kurzer Ausflug in die Vorgeschichte:

EMD Export
Die ersten EMD-Exportlokomotiven waren Standardmodelle für den US-Markt, die nach Mexico verkauft wurden. Hierbei handelte es sich um Maschinen des Typs F2A / F2B, die 1946 an die NdeM geliefert wurden.
Schon bald zeigte sich jedoch, dass Lokomotiven fremden Verhältnissen angepasst werden mussten, wollte man seine Fahrzeuge außerhalb des eigenen Landes „an die Bahn bringen“. Abweichende Spurweiten, kleinere Lichtraumprofile und niedrigere Meterlasten setzen zwangsweise andere Fahrzeuge voraus als die heimatübliche Stangenware, die gerade in überseeischen Ländern oftmals zu schwer und überdimensioniert ist.

MRS-1
Diese Anforderungen stellte man bereits an die 13 Stück EMD MRS-1 aus dem Jahre 1952, die von der US-Armee bestellt wurden und zusammen mit den 83 Schwesterloks von Alco für mögliche Kriegseinsätze in fremden Ländern gedacht waren. Eine Besonderheit der MRS-1 war die veränderbare Spurweite. Aus der EMD-Serie machte die Nr. 1818 auf sich aufmerksam, die in Europa ganz friedlich vor Personenzügen im Einsatz war und u.a. Carl Bellingrodt mit seiner Plattenkamera verewigt hat.

EMD-Werkfoto einer MRS-1 der US Army mit der Betriebsnummer 1814:




Der G-12 –Vorläufer, das EMD Model B
In den frühen 1950er-Jahren stellte EMD schließlich sein Modell „B“ vor, einer 1425 Hp starken Lokomotiven, die mit Bo Bo- oder A1A-A1A- Achsanordnung bestellt werden konnte und ganz dem Zeitgeist entsprechend noch als Cab Unit ausgeführt wurde. Gekauft wurden die Loks von der Estrada do Ferro Vitoria a Minas in Brasilien und von der Ostpakistanischen East Bengal Railway, den heutigen Bangladesh Railways. In Bangladesh wird sich der Einsatz dieser Oldtimer erst im Jahr 2013 dem Ende zuneigen! Weitere Bestellungen gab es bezüglich der B-12 nicht. Hier die Lieferliste:

B-12
Vitoria a Minas # 521-525 (Brasilien) / GMD # A430-A434 07/53 (C152)
Vitoria a Minas # 526-529 (Brasilien) / GMD # A483-A486 07/53 (C156)
East Bengal Rys. # 2000-2009 (Pakistan) (A1A) / GMD # A443-A452 08-10/53 (C155)
East Bengal Rys. # 2010-2024 (Pakistan) (A1A) / GMD # A453-A467 07-09/54 (C155)
East Bengal Rys. # 2025-2039 (Pakistan) (A1A) / GMD # A468-A482 03-04/56 (C155)

Bild: Eine fabrikneue Lokomotive des Typs "B" brasilianischen Estrado do Ferro Vitoria a Minas auf der Atlantic City Fair in den USA.



Bild: Technik der B-12






Bild: Daten des Typs B



EMD Model G-12
EMD verabschiedete sich zunehmend vom Bau der Cab Units, weil sich immer mehr die Roadswitcher mit ihren außermittigen Führerständen und den offenen Umläufen als wesentlich praktischer im Strecken- und Rangierdienst erwiesen. Besonders Rückfahrtsfahrten waren mit Cab Units eine ziemlich unkomfortable Angelegenheit. In den USA selbst erhielten deshalb die Roadswitcher großen Zuspruch. Die Atchison, Topeka & Santa Fe Railway ("Santa Fe")ging sogar dazu über, in den eigenen Werkstätten 233 F-Units in recht urige Roadswitcher umzubauen - doch dies soll uns hier nicht weiter beschäftigen.
Der Zunahme der Beliebtheit jener Bauform blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Exportmodelle: 1953 erblickte die G-12 das Licht der Welt, das eigentliche Thema dieses Beitrages.

Die G-12 war ein klassischer Roadswitcher, d.h. auf einem massiven Rahmen wurden die Lokkomponenten und die Aufbauten aufgesetzt. Außerlich prägend wirken der außermittige Führerstand und die schmalen Vorbauten mit dem offenen Lokumlauf. Im Unterschied dazu waren die Lokkästen der Cab Units selbsttragend, d.h. die Seitenwände des über die ganze Lokbreite reichenden Kastens waren eine beblechte Fachwerkkonstruktion.
Die Lokomotive des Typs G-12 konnte mit den Achsfolgen Bo Bo oder A1A-A1A bestellt werden, wobei hier die mittleren Achsen als Tragachsen ausgebildet waren, deren Achsdruck variabel eingestellt werden konnte. Dies war besonders auf leichten Nebenstrecken von Vorteil. Zu den Optionen gehörten die dynamische Bremse sowie Führerkabinen mit unterschiedlichem Lichtraumprofil.
Bei der Antriebsanlage kam Erprobtes zum Einsatz:
Herzstück war hier wieder der bereits zigtausendfach bewährte Zweitakt-Dieselmotor der Reihe 567, der in der G-12 als Zwölfzylinder zum Einsatz kam und eine Bruttoleistung von 1425 hp abgab. Davon standen letztlich 1310 hp für die Traktion zur Verfügung. Aus heutiger Sicht mag diese Motorleistung bescheiden für eine Streckenlok erscheinen. Nicht außer Acht lassen dürfen wir jedoch die Tatsache, dass zur Zeit der Entwicklung der G-12 in den USA die Leistung pro „Unit“ nicht von übermäßiger Wichtigkeit war. Man fuhr dort ohnehin in Mehrfachtraktion. „More Power > More Units“ kann also durchaus als Faustregel gelten. Die Zuglängen und –gewichte bei überseeischen Bahnen, dem Zielgebiet der Exportlokomotiven- reichten zudem nur selten an amerikanische Verhältnisse heran. Ausnahmen waren schon damals die Eisenerzbahnen Brasiliens und später Australiens.

Erst in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre wurde das Leistungsproblem drängender, in den 1960er-Jahren dann sehr akut. Das in den USA sogenannte „Horsepower Race“ zwischen den US-Lokherstellern jener Zeit soll hier aber nicht erläutert werden, ebenso wenig wie die Ausflüge des deutschen Herstellers Krauss-Maffei in die USA infolge der Unzufriedenheit der Amerikaner mit den angebotenen Loks ihrer Hausmarken…

Doch zurück zur G-12.

Bild: G-12 Demonstrator # 7707



Jener bei General Motors of Canada in London, Ontario gebaute Demonstrator wurde in verschiedenen europäischen Ländern vorgeführt. Eine zweite Demo-Lok wurde nach Argentinien gesandt, erlitt dort aber leider einen Totalschaden durch einen Unfall. Besser erging es der Vorführlok für Europa:
Nach den umfangreichen europäischen Testfahrten übernahm die Schwedische Staatsbahn die # 7707 und reihte sie als T5 105, später als T42 205, in den Bestand ein.
Die ursprüngliche EMD-Lackierung in Rot und Gold wich daraufhin den damaligen SJ-Farben Braun und Gelb. In den 1980er-Jahren schließlich wurde die T42 205 alias EMD # 7707 ausrangiert.
Nach der Ausmusterung der G-12 durch die Schwedische Staatsbahn SJ gelangte die Lokomotive erfreulicherweise in den Besitz von Eisenbahnfreunden, der norwegischen GM-Gruppen, die den historischen Wert dieses Fahrzeugs erkannt und es mustergültig hauptuntersucht haben. Heute steht die Lokomotive im Schwedischen Eisenbahnmuseum und wird dort betreut.

Seite aus einem EMD-Werbeprospekt:



Datenblätter der Frühzeit:








Für uns Europäer sind folgende G-12 besonders relevant, handelte sich doch um die einzigen amerikanischen Originale in der alten Welt. Die Demolok 7707 gelangte bekanntermaßen nach der Ausmusterung zur norwegischen GM-Gruppen, welche die Maschine mustergültig aufarbeitete und pflegte, um letztlich an das Schwedische Eisenbahnmuseum abgegeben zu werden.
Die norwegische Bergbaugesellschaft Sydvaranger Iron Ore Co. erwarb zwei G-12 für ihre im unwirtlichen Norden des Landes gelegene Industriebahn, wobei eine in den USA und eine in Kanada gebaut wurde. Kurios ist hier die Tatsache, dass eine Lok mit dem „angled cab roof“ ausgestattet wurde und die zweite mit der Version für engere Lichtraumprofile.

Hier die Baudaten der drei genannten Loks:

Demonstrator # 7707 für SJ (Schweden) # T5-105 / GMD # A558 12/53 (C170) Museumslok
Sydvaranger Iron Ore # 1 (< #100) (Norwegen) / GMD # A616, 10/54 (C181)
Sydvaranger Iron Ore # DE101 (Norwegen) / EMD # 23094, 12/56 (701437)

Auch in Kirkenes gibt es eine erhaltene G-12. Einige Jahre ruhte der Erzabbau wegen der Stahlkrise, doch vor einiger Zeit wurde der Betrieb wieder aufgenommen. Diese Entwicklung ist für die örtliche Wirtschaft durchaus erfreulich; für GM-Freunde weniger erfreulich ist jedoch die Tatsache, dass nunmehr Lokomotiven von MaK/Vossloh zum Einsatz gelangen.

Die Vorführmaschine 7707 machte eine Europareise, in deren Verlauf zahlreiche Länder besucht wurden - so auch u.a. Deutschland im Auftrag des Lizenznehmers Henschel, aber auch Österreich und hier auch die bei Lokherstellern beliebte Strecke über den Semmering.
Die Europatour endete mit verschiedenen Lizenzabkommen und einigen Bestellungen. Unter dem Strich freilich blieb der Verkaufserfolg der G-12 bzw. deren direkte Lizenzbauten äußerst bescheiden.
Die niederländische Minengesellschaft „Staatsmijnen“ bestellte fünf G-12 mit etwas sonderbar wirkenden Führerständen bei Henschel; die ÖBB zeigten ebenfalls Interesse und kauften 18 Stück. Allerdings konnte man sich in Österreich nicht für einen „Roadswitcher“ erwärmen und wünschte eine Lok mit normalem Kasten, also die J-12 gemäß EMD-Typensystem.

Bild: Das deutsch-österreichische G-12-Derivat, die 2050:



Bild: Ein Henschel-GM-G-12-Exemplar für die Staatsmijnen Holland, Titelseite des Herstellerprospekts



Jene Lokomotiven fanden später eine Heimat in Spanien.

Als G-12–Verwandtschaft dürfen auch die drei bei AFB gebauten Lokomotiven für Israel gelten, die dort die Nummern 101-103 erhielten und bis in die 1990er-Jahre im Einsatz standen. Ab 1954 setzte man dort allerdings auf GM-Loks Made in USA.

Zudem baute die schwedische Nohab AB mehrere Serien T41/T43, die ebenfalls unter "G-12" einsortiert werden können.

Bild: SJ T-41. 5 Stück dieser Baureihe wurden von der SJ bestellt.



Bild: SAFB-Lokomotive für Israel.



Auch wenn sich die G-12 letztlich in Europa mit ihrer klassisch-amerikanischen Form nicht durchsetzen konnte – jene Bauform feierte eigentlich nur in Spanien, Jugoslawien und Griechenland in großen Stückzahlen (und verschiedenen Herstellern) Erfolge- war die G-12 doch ein Türöffner, wie auch die MRS-1 zuvor schon das Interesse europäischer Bahnverwaltungen an der US-Dieselelektrik weckte. Und nun sind wir schon wieder beim Thema des Forums, den Nohabs / AFBs…
War das Interesse der Europäer an der Original G-12 sehr gering, so schätzte man diese Lokomotive umso mehr andernorts: In mehreren Serien kauften die Staatsbahnen Neuseelands insgesamt 146 Lokomotiven dieses Typs, nach Mexico gelangten 90 Maschinen.Von Mexico über Argentinien und Brasilien und Chile über Norwegen, Iran ,Hong-Kong bis nach Ceylon (Sri Lanka) lieferten EMD, GMD und Clyde Engineering Lokomotiven des Typs G-12. In Sri Lanka gelten diese Loks noch heute als sehr zuverlässig und beliebt, ebenso andernorts.

In der heutigen Zeit tummeln sich noch viele dieser Oldtimer auf den Gleisen dieser Welt. Bleibt zu hoffen, dass noch etliche Fahrzeuge der Nachwelt erhalten bleiben, stellte die G-12 von EMD doch jahrzehntelang das Rückgrat der Zugförderung in vielen Ländern dar. Im Iran konnte ich zum Beispiel noch vor wenigen Jahren zahlreiche G-12 fotografieren, sowohl um Originalzustand als auch „rebuilt“.

Bild: Iran Railways G-12 neben einem VW Bully: Zwei Oldies im nordiranischen Täbris.



Oder in Israel: Man beachte die dynamische Bremse. Der Schneepflug wurde erst später angebaut, ursprünglich trugen alle israelischen G-12 beidseitig Kuhfänger mit horizontalen Streben (wie auch die AFBs, G26CW /GT26CW)
Des Weiteren verfügt diese G-12 über Gussstahl-Drehgestellrahmen. Vergleiche dieses Bild mit jenem der # 7707.

Bild : Israel Railways G-12 No. 125. Aus Gründen der besseren Zugänglichkeit bei der Lokwartung hat man die Bleche der "side sills" ausgeschnitten.
Vergleiche hier das Foto der fabrikneuen G-12 # 540 für Brasilien.



Bild: Brasilien / Vitoria a Minas, G-12 No. 540



Bild: G-12 der FC Sarmiento, Argentinien in A1A-A1A – Ausführung.



Alle Fotos / Prospekte Sammlung Martin N. Fotograf des SJ T-41-Fotos unbekannt.

So, das wäre es wieder einmal gewesen.
Hoffentlich hat euch der kleine Ausflug in die amerikanische Diesellokgeschichte etwas gefallen.

Mit freundlichem Gruß,
Martin

PeKra Offline

NOHAB-Anfänger

Beiträge: 8

28.12.2012 12:56
#2 RE: EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

Vielen Dank für den interessanten Beitrag!
Peter

NOHAB-Pappi Offline

Prof. Dr. NOHAB

Beiträge: 2.386

28.12.2012 17:07
#3 RE: EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

Hallo Martin,

Danke für die schöne Zusammenstellung. Das Thema ist ja sehr viel umfangreicher als gedacht.

Grüße vom Pappi

nohab Offline

NOHAB-Chefmeister

Beiträge: 481

28.12.2012 21:18
#4 RE: EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

Hallo Martin,

vielen Dank auch von meiner Seite für den sehr interessanten Beitrag.

Als Zugabe hier noch ein Foto einer B12, das ich im November 2009 in Curitiba, Brasilien gemacht habe:

Dabei handelt es sich um die 4098 von ALL.

Viele Grüße,
Ulf

NOHAB-Fan Magdeburg Offline

NOHAB-Chefmeister


Beiträge: 307

29.12.2012 19:58
#5 RE: EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

Hallo Martin,
vielen Dank auch von mir für diesen interessanten Beitrag
und die tollen Bilder.

MfG NOHAB-Fan Magdeburg

feero Offline

NOHAB-Anfänger

Beiträge: 6

23.04.2014 00:44
#6 RE: EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

may i ask for any photos or data(catalogs ) for EMD locomotives G8,G12, G16 which was working in egypt ??
thanks
best regards
Feero

feero Offline

NOHAB-Anfänger

Beiträge: 6

08.07.2014 13:51
#7 RE: EMD G-12. Türöffner für EMDs in Europa Antworten

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